Mikrofinanzierung in Deutschland
Hintergründe
Nachdem das Thema Mikrofinanzierung ursprünglich in Schwellen- und Entwicklungsländern zur „Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung“ in den späten 1970ern und 1980er-Jahren konzipiert wurde und anschließend sowohl von Weltbank als auch von den Vereinten Nationen als ein wichtiges Instrument zur weltweiten Reduktion von Armut bewertet wurde gewannen Mikrokredite ab 1990 auch in Europa zunehmend an Bedeutung.
In Deutschland wurde ab 2010 unter der damaligen CDU/CSU-FDP-Regierung die Mikrofinanzierung als wirtschaftspolitisches Förderinstrument erstmals nennenswert eingesetzt.
Unter der Regie von Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, sollten Existenzgründer, Kleingewerbetreibende und andere Selbständige mit erschwertem Zugang um Fremdkapitalmarkt bis zu 20.000 Euro erhalten, ohne bankübliche Sicherheiten, unbürokratisch und unkompliziert.
Ziel war es insbesondere Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit, häufig mit Migrationshintergrund und ohne unternehmerischen Background und notwendiges Startkapital, zu ermöglichen und erleichtern, da diese Zielgruppen („non-bankable“) von konservativen Kreditinstituten in der Regel kaum oder gar nicht bedient werden.
Es wurde der Mikrokreditfonds Deutschland (100 Mio. €) aufgelegt, der von der in Bochum ansässigen GLS Gemeinschaftsbank durch den Aufbau eines deutschlandweiten Mikrokreditangebots an die jeweiligen Zielgruppen gelangen sollte. Für den Vertrieb, die regionale/lokale Kreditdistribution, die Kreditbetreuung, das Monitoring und die Kreditstörungsbehandlung, sollten Mikrofinanzinstitute rekrutiert sein.
Bis zu 64 Mikrofinanzinstitute, bei denen es sich in der Regel um privatwirtschaftliche Organisationen handelt, wurden in einem umfangreichen Akkreditierungsverfahren selektiert. Da unter Frau von der Leyen parallel der Gründungszuschuss – das bis dahin wichtigste Fördermittel für Existenzgründer aus Erwerbslosigkeit – um zwei Drittel gekürzt wurde, hat sich im Zeitverlauf – auch aufgrund sinkender Erträge sowie steigender Haftungsrisiken – die Anzahl der tatsächlich aktiven Mikrofinanzinstitute stetig auf unter zwanzig mit deutlich schwankenden Aktivitätsausprägungen reduziert.
Das derzeit mit Abstand größte Mikrofinanzinstitut ist indaro Mikrofinanz mit seiner Niederlassung in Stuttgart und einem deutschlandweiten Aktivitätsradius.
Nach der ersten Förderperiode ging der weitere Aufbau des Mikrokreditfonds Deutschland in 2015 von der GLS Gemeinschaftsbank an die GRENKE Bank AG, die seitdem diese Aufgabe wahrnimmt.
Aufgaben der Mikrofinanzinstitute
Die Hauptaufgaben eines Mikrofinanzinstituts sind – neben der grundsätzlichen Bewerbung des Themas Mikrofinanzierung sowie der Akquisition von Interessenten für Mikrodarlehen – in der verantwortlichen Begleitung und Durchführung sämtlicher administrativer und bürokratischer Umstände im Zusammenhang mit der Beantragung von Mikrodarlehen zu sehen.
Hierzu zählen insbesondere die Entgegennahme und Prüfung aller erforderlichen Unterlagen auf Vollständigkeit und sachlicher Richtigkeit sowie die Prüfung des Kreditantrags auf Machbarkeit im finanzwirtschaftlichen Sinne (Kreditanalyse).
Nach positivem Prüfungsergebnis wird seitens des Mikrofinanzinstituts eine entsprechende Empfehlung zur Vergabe eines Mikrodarlehens gegenüber der GRENKE BANK AG, die sämtliche Kreditauszahlungen durchführt, ausgesprochen.
Im Anschluss an eine erfolgte Kreditauszahlung wird der Mikrokreditnehmer vom Mikrofinanzinstitut während der gesamten Laufzeit des Mikrokredits bis zur vollständigen Tilgung betreut und durch ein Kredit-Monitoring unterstützt, so dass Kreditstörungen möglichst durch Maßnahmen im Vorfeld vermieden oder nach Eintritt möglichst schadenfrei gemanagt werden (z. B. Rückzahlungskontrolle, Sicherheitenverwaltung).
Zielgruppen und Einsatzbereiche
Auf Basis der Aussage, dass Mikrokredite oder Mikrodarlehen grundsätzlich als Fördermittel für Zielgruppen konzipiert sind, die aus unterschiedlichsten Gründen einen erschwerten oder keinen Zugang zum „regulären“ Kapitalmarkt (z. B. Kredit bei Hausbank) und aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur Außenfinanzierung einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Marktbegleitern erleiden, gehören folgende Zielgruppen zu den Hauptadressaten des Mikrokreditangebots:
- Existenzgründer
- Kleinstgewerbetreibende
- Kreditnehmer mit Migrationshintergrund
- Unternehmen mit Schulden, negativem Schufa-Eintrag oder niedriger Bonität
Durch Kombination mehrerer der oben genannten Kriterien (z. B. Fremdkapitalbedarf eines Existenzgründers mit Migrationshintergrund, der ein Kleinstgewerbe eröffnen möchte) reduzieren sich die Chancen auf ein bankübliches Darlehen zunehmend, so dass ein oder mehrere der folgenden Argumente bei Kreditanträgen als Ablehnungsbegründung angeführt werden:
- unternehmerische negative Vorbelastung
- „Ausfallrisiko“ aufgrund bankinterner Bewertungsregeln
- => ohne profundes vergangenheitsbasiertes Datenmaterial
- => bis Break-even kapitaltechnisch in Vorleistung
- => ohne praxiserprobtes Geschäftskonzept
- => ohne ausreichendes Eigenkapital oder Sicherheiten
- für Banken zu niedriges Kreditvolumen (= Ertragspotenzial)
- zu niedriges zukünftiges Ertragswachstum
- Beeinträchtigung durch sprachliche und/oder kulturelle Barrieren
In all diesen Fällen prüft ein Mikrofinanzinstitut die jeweilige individuelle Situation des Antragstellers und sucht nach Optionen einen Mikrokredit – trotz negativer Indikationen – so zu empfehlen, dass eine Rückzahlung als sicher gelten kann und eine Überschuldung des Antragstellers ausgeschlossen wird.
Vorteile und Nutzen der Mikrofinanzierung
Gut aufgestellte Mikrofinanzinstitute stellen für „non-bankable“ Antragssteller nicht nur häufig die einzige externe Finanzierungsquelle dar; mittlerweile bieten Sie sowohl wettbewerbsfähige Konditionen als auch andere wichtige Vorteile, insbesondere gegenüber konservativen Kreditinstituten:
- kurze, standardisierte Prozesse
- sehr kurze Entscheidungswege
- sehr geringer bürokratischer Aufwand
- Unabhängigkeit von Rating- und Besicherungsprozeduren
- erhebliche Geschwindigkeitsvorteil
- Expertise und Erfahrung mit den genannten Zielgruppen
Deshalb gilt das Angebot Mikrofinanzierung am Markt für Finanzierungsinstrumente als sinnvolle Ergänzung und Abrundung und bietet zusätzliche Handlungsoptionen für die relevanten Zielgruppen:
- Zugangskanal zu Fremdkapitalquellen
- Erweiterung des unternehmerischem Handlungsspielraum
- Option zur Optimierung der Bonität, zum Aufbau einer positiven Kredithistorie aufzubauen und somit zur „Qualifikation“ für größere zukünftige Finanzierungsvorhaben bei regulären Kreditinstituten